Berlin 21, Moabit – Die schönste Straße Deutschlands

Tach,

Meine Moabiter Lieblingsplätze heißt eine meiner Serien im You Tube TV. Die Emdener Straße, in der ich wohne, gehört nicht dazu. Pico wollte nicht mehr so weit draußen wohnen, meine Zukunft war nicht klar, also habe ich damals eine kleine, billige Wohnung gesucht, in der wir, zur Not ohne Auto, „fußläufig“, wie es so schön heißt, zum Kindergarten, Oma und Mutter wohnen. Vorläufig, bis ich was „Besseres“ fände. Das Leben hat mich dann ein paar Mal hin und her geworfen, Pico ist längst nicht mehr im Kindergarten oder der Schule, und ich? Ich wohne immer noch in Da hood. 14 mal bin ich in Berlin umgezogen, so viel zum westdeutschen Geschwätz, wir Berliner würden immer an derselben Stelle wohnen. Schöneberg, Kladow, Wedding, Charlottenburg, wieder Wedding, nochmal Charlottenburg, Spandau und endlich wieder Schöneberg, dann noch mal Spandau, dann sogar raus aus der Stadt ins Umland, und nun wieder zurück in die Stadt. „Nun“ ist eine leichte Untertreibung, 15 Jahre wohne ich nun schon hier, oder ist es noch länger? Ich weiß es nicht, lieber nicht überprüfen. Neben dem Wohnen in Schöneberg, ich bin geborener Schöneberger, klebe ich hier am längsten. Warum ich das erzähle?

Es begab sich einmal …
Ich komme von einer Fahrt zurück und am nächsten Wochenende ist die Emdener gesperrt, von der Turm bis zur Waldenser, komplett zu. Es wurschteln überall Menschen, die ich nicht kenne, säubern das bißchen Grün, das wir haben, fegen den Bürgersteig und „möbeln“ die Straße auf. Sonntag sieht die Straße frisch aus … Ich denke so bei mir, laß sie nur, die Irren, werden schon sehen, daß es nicht anhält. Montag war es dann auch schon wieder soweit, neben Kaisers lagen die Flachmänner unser Feierabendtrinker in frisch hergerichteten Blumenbeeten, neben Mengen von Kippen und der allseits beliebten Hundescheiße. Damals wohnten hier im Nachbarhaus ein undefinierbarer Schwarm an Frauen 8/10, mit 20/30 Kindern. Die standen, hockten, rauchten immer irgendwo vor einer Haustür, Tag und Nacht, Frauen und Kinder, Männer dazu gab es nie zu sehen. Manne Krug folgte der Spur der Steine, hier mußte mann nur der Spur der Sonnenblumenschalen folgen, um zu wissen, wo die waren. – Inzwischen sind die alle weg. Im Nachbarhaus, heißt es, ist ein Moabiter „Mini Pate“ eingezogen. Der, heißt es weiter, seine Ruhe haben wollte, ewig kam die Polizei, der Gerichtsvollzieher hatte schon seinen eigenen Schlüssel … Jedenfalls sind sie weg.

Zurück zur Straße, das einmal hat es gebracht, ich war mal wieder „on the road“, komme zurück und mich empfängt an der Ecke Turmstraße das Schild „schönste Straße Deutschlands“, verliehen vom Berliner Kurier (die haben sich auch mal in den Westen getraut), das war 2013. Ich bin vor Lachen fast aus dem Auto gefallen.

Photos vom Putztag
Nun gibt es ja an allen Ecken Berlins Bemühungen á la „Unser Dorf soll schöner“ werden. Was, vermute ich, an der zugezogenen Bevölkerung liegt. (Jetzt soll es eine Bürgerinitiative geben, die den Tunnel am Bundesplatz weghaben wollen, weil es zu laut ist, wohl, weil ohne Tunnel da weniger Autos fahren, ist ja logisch, dann ist es leiser.)

Grundsätzlich habe ich nichts gegen Bürgerbeteiligung und Dinge selbst tun, als zu warten, bis endlich mal was passiert. Und gerne erinnere ich mich an einen „public garden“ in London, als ich, noch zu Canzone Zeiten, jedes Jahr nach London fuhr, Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre. Da war ein ausgeschachteter Keller eines ganzen Karrees von der umliegenden Nachbarschaft zu einem Garten verwandelt worden, nicht gerade Laubenpieper, aber so ähnlich. Ich habe dort oft gesessen, es gab einen Schuppen, wo Omas Thee und selbst gemachte Kekse angeboten haben. Mitten in der Londoner Innerstadt, war das eine erholsame Oase, drei, vier Jahre. Bis dann beim nächsten Besuch ein gesichtsloser Neubau errichtet worden war. Im ehemaligen Park der Lenin-Komsomolzen ( http://birrs-world.com/odessa-iii-park-der-lenin-komsomolzen/ ) in Odessa, wo ich mit Alexej und Raoul spazieren gegangen bin, dachte ich, hier wird auf Jahre kein Geld von der Stadt kommen, warum machen die Menschen, die dort wohnen, es nicht selbst hübsch, Unkraut beseitigen und Gras stutzen, dann haben sie einen Platz zur Pause und können dort auch ihre Kinder spielen lassen …
Und in Berlin finde ich das schlecht? Nicht grundsätzlich, aber diese Aktionen, wie solche des Bezirksamtes, reichen nicht, einmal Hauruck reicht nicht, daran muß regelmäßig gearbeitet werden. – Als ordentliche Deutsche können sie ja von mir aus einen Verein gründen. –

Einmal im Monat mindestens stellt irgendein Mensch, einen Stuhl, ein Bett, Schrank, Matratze, Kühlschrank oder sonst was auf die Straße, eher alle 14 Tage. Zigarettenkippe die Hülle und Fülle. Tatsächlich muß ich da Nummer acht loben, wie in alten Zeiten wird dort auch vor der Tür gefegt, mittwochs und sonnabends. Wir haben zur Sicherheit erst gar keinen Hauswart, nur jemanden, der putzen soll, und die stellen eher was dazu, als daß sie auch vor der Haustür fegen würden. Und mein Lieblingsthema, die Baumplätze zum Theil mit kleinen Zäunchen versehen, 15 cm hoch, sind übersät mit Hundekot. Aber nicht nur diese Stellen … Die Zäunchen sind längst umgetreten, sowieso hat sie kein Hund je als Hürde angesehen.

Ich habe im letzten Jahr die schönste Straße Deutschlands öfter photographiert. Tatsächlich klebt in einem Schaufenster noch der Artikel des Berliner Kuriers. Was mich aber am meisten irritiert: Diese Anhäufung von Müll gibt es nur hier vorn bei uns, die Emdener Straße geht noch zwei Ecken weiter. Nicht daß sie dort super sauber ist, aber doch deutlich sauberer.

Morjens

        Saufen geht immer!

PS. 1:

Mann kann es natürlich auch so sehen:

Nach dem Konzert mit Ashraf Kateb habe ich mich mit Kifah Ali Deeb unterhalten. Sie hat mir erzählt, daß sie Berlin liebt, im Gegensatz zu Hamburg, Hannover etc, denn dort sein es immer so schrecklich sauber.

PS. 2:

Mann kann es natürlich auch so sehen (fern aller Realität):

http://www.tagesspiegel.de/berlin/haesslich-war-gestern-emdener-strasse-in-moabit-ist-die-schoenste-strasse-deutschlands-2013/9051468.html


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.