Birr Testet: Leinöl – Schulzendorfer Mühle

Tach,

worum geht es heute? Heute geht es um eine Birrische Leib-und-Magen Speise. Ein Essen, ohne das wir alle nicht leben können. So einfach Kartoffeln, Quark und Leinöl eigentlich ist, so verschieden kann auch das zubereitet werden. Und eigentlich unnötig zu sagen, es kommt auf die Zutaten an.
Früher, wie Hering mit Kartoffeln, ein „arme“-Leuteessen. Heute bei den Kartoffel-Preisen, schon eher Mittelschicht. Bei uns zu Hause kam das regelmäßig auf den Tisch. Allen schmeckte es. Mein Bruder Bernd hat immer direkt aus der Pulle erstmal einen kräftigen Schluck Öl genommen.
Als die Mauer noch stand, gab es die Neuköllner Mühle, von der wir immer das Leinöl kauften. Das stand in allen Supermärkten. Aber Obacht, vor dem Mauerfall stand das Leinöl nicht bei den andern Ölsorten, wie jetzt im Regal, sondern, wie es sich gehört im Kühlregal! Nach dem Mauerfall habe ich mich immer gewundert, als ich durch die Ex-Zone gefahren bin, daß dort Leinöl nicht gekühlt im Verkauf stand. Das hat mich immer gewundert, auf jeder Flasche steht „kühl und dunkel lagern“. Und wo steht es? Mitten im Laden, mitten in der Wärme und im Licht. Also eine negative Folge der Vereinigung, in meinen Augen. Auf der Flasche der Neuköllner Mühle war eine Spreewälderin zu sehen und der schöne Spruch: „Speise-Leinöl der Neuköllner Ölmühle frisch und garantiert rein“. Ich habe ein bißchen gesucht, aber leider gar nichts im Netz gefunden. Nur die Reklamemarke für Leinöl aus der Skalitzer Straße.

Unnötig zu erklären, daß Leinöl in Berlin traditionell aus dem Spreewald kommt, es ist geradezu ein Synonym für Spreewald. Und es gibt dort auch noch neben neuen Mühlen, auch alte. Die Holländermühle in Straupitz nimmt für sich in Anspruch die einzige zu sein, in der Leinöl auf die definitiv traditionelle Weise hergestellt wird.
„Bis 1974 wurde hier Raps- und Leinöl gepresst, dann dem Verfall preisgegeben. 1994/95 erfolgte die Rekonstruktion und Wiederbelebung eines fast ausgestorbenen Handwerks. Seither als produzierendes technisches Denkmal und einzige original erhaltene Ölmühle des Bundeslandes Brandenburg in Betrieb. Die Verarbeitung von 10 kg Leinsaat mit Originaltechnik und schwerer Körperarbeit dauert eine Stunde und liefert ca. 2,5 Liter Leinöl. Dieses hat – anders als das in den Geschäften – einen deutlich nussigen Wohlgeschmack, weil die Leinsaat – wie früher üblich – vor dem Auspressen in einer großen holzbeheizten Pfanne geröstet wird. „Schlaumeier“ behaupten, dies wäre angeblich gesundheitsschädlich. Würde das stimmen, wäre der Spreewald längst ausgestorben.“
Aus: http://www.windmuehle-straupitz.de/)
Mann kann die Mühle besichtigen: von Montag bis Freitag, an Wochenenden ist sinnigerweise geschlossen.

Weil ich auch mal was anderes mit Leinöl machen wollte, außer Pellkartoffeln, Quark und Leinöl, habe ich mir das Rezeptbuch der Straupitzer Mühle bestellt. Vergiss es, inspirierend bis Anschlag, es sind gefühlt einunddreißig Variationen von Kartoffeln und Quark, mal mit Hering mal ohne. Daß ich Leinöl an den Salat machen kann (ach, echt jetzt?), dafür brauche ich keine Rezeptheftchen. Nett ist die Geschichte der Mühle, denn eigentlich geht es darum in dem Heft.
– In Odessa hatte ich Leinöl auf dem Privozmarkt gekauft, täglich frisch, unschlagbar. Und auch damit das berühmte Gericht zubereitet. Erst hatte ich das auf dem Neuen Markt gekauft, darüber dieser Bericht http://birrs-world.com/birr-kocht-kartoffeln-mit-tworog-und-leinoel-in-odessa/ und dann hat mir Larissa die Ölmühle auf dem Privozmarkt gezeigt: http://birrs-world.com/odessa-iii-oelmuehle-auf-dem-privoz-markt

Heute also das Leinöl getestet, daß ich bei Mutter Fourage in Zehelendorf gekauft hatte, von der
Schulzendorfer Ölmühle, Leinsaat frisch kaltgepresst. Getestet gegen das „normale“ Leinöl, das es überall zu kaufen gibt: Kunella, auch kaltgepresst. Das ist unser everyday Öl. Tatsächlich hatten die auch mal ein „Bio-Leinöl“. Das habe ich zufällig in einem Bio Supermarkt gefunden, anders kann mann es nicht ausdrücken. Muß die letzte Flasche gewesen sein, die hergestellt worden ist. Ich habe es nie wiedergesehen, es war noch auf der Webseite der Firma, aber nicht mehr bestellbar. Drei E-mails an Kunella blieben unbeantwortet, das war es dann auch, wer nicht will, der hat schon.
Mittlerweile gibt es in den Bioläden verschiedene Leinöle. Schön, aber sowenig ich zu Weihnachten Erdbeeren aus Chile brauche, brauche ich Leinöl aus der Schweiz, Österreich oder aus Süddeutschland. Leinöl für Berlin kommt aus dem Spreewald und fertig. Schulzendorf ist nicht der Spreewald, geht aber gerade noch so durch.
Die Webseite: http://www.schulzendorfer-oelmuehle.de/

Ich habe es einmal alleine gegessen und ein paar Tage später noch einmal mit Raoul. Die Verkäuferin sagte, sie bekommen das Öl immer frisch, es ist dann einen Tag alt. Ich hatte es also frisch, alleine vier Tage alt und dann acht alt mit Raoul. Immer noch recht frisch. Die Flasche hat 250 ml, zu viel für mich allein, auch wenn es abends alles warm gibt und am nächsten dann die Reste kalt. (Reste gibt es natürlich nicht, sondern es wird immer zu viel gemacht, damit etwas übrigbleibt für den nächsten Tag.) Das ist auch der Grund, warum ich immer noch das Kunella Öl kaufe, 100ml, ist die perfekte Menge für mich alleine. Alle andern Firmen haben nur größere Flaschen.

Unser Rezept ist denkbar einfach. Die Kartoffeln waschen, kochen. Bis die Kartoffeln fertig sind, den Quark herrichten. Eine kleine Zwiebel, oder Frühlingszwiebeln, auf jeden Fall Mengen von Schnittlauch mit dem Quark verrühren, frisch gemahlenen Pfeffer dran. Ist Selters mit Kohlensäure vorhanden, kann davon auch ein Schuß ran, macht den Quark angeblich geschmeidiger. Im Sommer mache ich zuerst den Quark und stelle ihn kalt, weil ich den Gegensatz von kalten Quark und Leinöl zu den heißen Kartoffeln mag. Quark auf den Teller, Kartoffeln daneben und daneben das Leinöl. Ganz wichtig: nicht schon vorher alles verrühren (Kinder dürfen das natürlich weil es sich so schön manschen läßt), sondern geteilt aufragen und versuchen, immer nur den nächsten Bissen zu mischen. Bei meiner Mutter gab es ein Stück Butter dazu, und einen kleinen Berg Salz. Und natürlich hatte der Name Pellkartoffel damals seine Berechtigung, Mama hat immer für Sohnemann die Kartoffeln gepellt, die Kartoffeln auf so einem kleinen Dreizack gespiest. Heute essen wir die Schale mit. Jedes Jahr freue ich mich auf die ersten Frühkartoffeln im Jahr, die kamen immer aus Zypern, jetzt aus Ägypten. Damit schmeckt es ohne Zweifel am besten. Wie Rosenkohl am besten nachdem ersten Frost schmeckt.

Nun zum Schulzendorfer Leinöl. Einhellige Meinung von Raoul und mir, läuft unter: geht so. Eher Leinöl for Beginners. Samten, weich. Gute Farbe, nicht schlecht, aber es fehlt das Typische, der eher bittere Geschmack, der auch im Mund bleibt. (für die Weicheier die das nicht mögen gilt die Fishermans Friend Regel: Sind Sie zu stark, bist Du zu schwach). So bleiben wir also vorerst bei Kunella, das diesen direkten Vergleich souverän gewonnen hat. Lieber hätte ich das Öl auf dem Privoz Markt in Odessa, aber das gibt es erst im nächsten Sommer wieder.

Morjens


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