Meine Moabiter Lieblingsplätze – Zur Grünen Fliese

Tach,

Die kleine Kneipe in unserer Straße… gibt es ja eigentlich nicht mehr. Vier Ecken, vier Kneipen, mit vier verschiedenen Biersorten? Das kommt nicht mehr vor. Eher vier Ecken, vier Kinderläden oder vier Spielsalons. Eine Zeit lang war es ganz mau. Hier in Moabit habe ich fußläufig (endlich habe ich es geschafft dieses komische Wort in einem Satz zu benutzen) noch vier, fünf alte Kneipen, die in der Mitte des Quarré sind, also keine Eckkneipen. Eine richtige Ansammlung. Die waren für den da, der von einer Ecke zur nächsten lief und unterwegs Durst bekam. Kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.

Und weil wir dabei sind, in alten Zeiten:

Ich habe damals im Wedding gewohnt, in der Brüsseler Straße 4, fast an der Müllerstraße. Zu dieser Zeit gab es noch viele Kneipen, gleich bei mir waren drei Eckkneipen, jede ein anders Bier. Es gab auch in der Mitte der Straße Kneipen, die Brüsseler Straße war eine richtige Kneipen-Straße. Nur hinten am andren Ende, schon fast am Virchow Krankenhaus, gab es eine „alternative“ Kneipe. Es war die Zeit, in der alte Kneipen übernommen wurden, um dann etwas Neues daraus zu machen. In die sind wir manchmal gegangen. Aber meist war uns das zu weit. Dann war eine der drei vorne bei uns das Ziel. Auch nicht ganz wahr, der Wirt aus der Kindel-Kneipe hat uns selten geduldet, er wollte uns nicht haben. Sie war sowieso nur interessant während der Bockbierzeit. Aber an eine Geschichte erinnere ich mich noch. – Völlig neutral, so wie das eben damals war.
Ich hatte die Mutter der Zwillinge kennengelernt, und bevor wir nach Spandau zogen, wohnten wir zusammen in meiner Einzimmerwohnung in der Brüsseler. An einem Sonnabend, gut gefrühstückt, haben wir beschlossen, in jeder Kneipe der Brüsseler Straße ein Bier trinken zu gehen. Gesagt, getan. Ich weiß nicht mehr, wie viele es waren, viele waren es bestimmt, ich weiß auch nicht mehr, wie weit wir gekommen sind. Alle haben wir jedenfalls nicht geschafft. Heute bin ich Lichtjahre entfernt von dieser Art Trinkkultur. Aber langsam wächst eine neue Kneipenkultur. Es eröffnen neue Läden, mit Möbelar wie vom Sperrmüll und irgendwelchen Craftbieren. Kapitel 21 in der Lehrter Straße z.B. immer rappelvoll und eben nicht nur junge Leute, sondern auch ältere Herrschaften, wie mich, He He. Also kein blöder Studententreff, sondern eine richtige Kneipe. Auch am Ende der Oldenburger gibt es eine, deren Öffnungszeiten ich aber nicht durchschaue und wer will auch meilenweit zu „seiner“ Kneipe laufen oder gar fahren. Nein, eine Kneipe muß in meiner Straße sein, am besten, auf meinem Block.

Neele und Thomas vor dem Büro Emdener 3, „Zur Grünen Fliese“ ist 10 Meter weiter vorne, in Nummer 2.
In der Emdener Straße gibt es einen Laden, der mir immer gut gefallen hat, seit ich hier wohne. Als ich hierher zog, war es eine Wäscherei. Der ganze Innenraum ist voller Fliesen mit Blumen. Vermutlich war dort in alten Jahren eine Fleischerei, eine Bäckerei oder ein Lebensmittelladen. Die Fliesen sind sehr schön. Nicht nur ich hatte Angst, nachdem die Wäscherei Pleite war (und meine Gardinen mit ihr verschwanden), daß der Nachfolgemieter die Fliesen abschlägt. Das ist Gott-sei-dank nicht passiert, auch stehen die Fliesen unter Denkmalschutz. Nach mehreren Wechseln, Spätkauf etc. ist nun eine Kneipe drin. „Zur Grünen Fliese“, junge Türken mit einem altdeutschen Namen machen sie. Keine besch…. Shisha-Bar, keine blöde Loungebude mit Sitzen auf dem Fußboden. Nein, es soll eine richtige Kneipe sein, eine Kneipe für alle. Und sie ist es. Außer dem obligatorischen Kicker gibt es zwei Flipper, alte, auf Euro umgestellte Geräte. Viel verschiedene Biere und Schnäpse sind im Angebot, allein fünf Biere vom Fass gibt es. Und auch zwei alkoholfreie Flaschenbiere. Eine der Ideen, wie man sich da wohlfühlen kann und soll, sind Spiele. Sie haben eine Menge Gesellschaftsspiele gekauft, alles ist dabei, von Uno über Monopoly bis zu ausgefalleneren Spielen. Da findet jeder was. Mann sitzt in netter Atmosphäre und kann mit Freunden spielen.

Ich habe dort des Öfteren schon ein Getränk meiner Wahl zu mir genommen, ganz klassisch, nach getaner Arbeit. Vor zwei Wochen haben wir uns dann dort getroffen, Fionn mit Nele, Andres und ich. Später Nachmittag, früher Abend. Vorher haben noch ein Eis gegessen und sind ein bißchen durch die Hood gelaufen. Dann haben wir Mensch-ärger-dich-nicht gespielt. Keiner hatte in Erinnerung, daß es sich doch ziehen kann. Aber es war nett und wir wollen es wiederholen, wenn Pico auch Zeit hat.

Nun bin ich gebeten worden, ihnen zu helfen eine passende Jukebox zu besorgen. Dann kann ich wieder wie in alten Zeiten acht mal am Abend „Walk on the wild Side“ hören. Also, schaut mal vorbei.

Morjens

PS.: Die kleine Kneipe in unserer Straße… von wem war das noch? Ulrich Rosky, Reinhard May?? Passen tät es, aber alles falsch, Leute, es war Peter Alexander (auf österreichisch: Das kleine Beisl), zu allem Überfluß im Original auch noch von Vader Abraham.

 

Raucherlokal, Emdener Strasse 2, 10551 Berlin, durchgehend geöffnet – 24/7 –

https://www.facebook.com/zurgruenenfliese

Alle Photos Andrés Jankowski & Thomas Birr & © 2017 Birr’s World.

 


2 Antworten zu “Meine Moabiter Lieblingsplätze – Zur Grünen Fliese”

  1. Max sagt:

    Kenne ich von anno dazumal mein Weg vom Hansa Platz(Arbeit) bis zur Stendaler
    ( Wohnung,) war einer um den Stress abzubauen nach einem langen, langen Arbeitstag.
    Da ging es nachts von einer Kneipe in die Nächste.

  2. Andrej sagt:

    Altberliner Kultur verschwindet mehr und mehr für Döner- und Falafeltempel. Schade und traurig. Eine gute Pinte war besser und aktueller als jede Tageszeitung.

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