Odessa II – Fahrt von Berlin nach Odessa

Tach,

Um mal mit meiner Mutter anzufangen: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.
Nachdem nun Pico Donnerstagabend fleißig zwei Stunden das Auto gefüllt hatte, mußte ich am Freitag nur noch schnell was erledigen, paar Anrufe, was wegbringen, was abholen, noch die letzten Kleinigkeiten packen, um los zu kommen. Und den Computerkram zusammen packen. Hörte sich gut an, so um 17.00 zu Hause sein, um 20.00 Uhr los. Zu Hause war ich um 19.00 Uhr nach meiner letzten Station bei Streif. Ich bin kaum die Treppe hoch gekommen, so hat dieser Luftdruck auf mich gewirkt. Nicht die Hitze, aber der Druck. Oben angekommen, geduscht und erst mal Pause. Ab ins Bett, nur liegen und ausruhen. Vier Stunden geschlafen, später dann angefangen, den Kleinscheiß zusammen zu packen. Vielleicht sollte man eigentlich damit anfangen, das zuerst tun. Aber macht doch keiner. Es frißt unglaublich Zeit. Dann dreimal nach unten und wieder völlig alle. Es war der Tag, an dem wir noch 30 Grad um 22.00 Uhr hatten. Also duschen und ab in die Falle, und denn gleich richtig, inzwischen war es 2.00. Bis zehn morgens, Sonnabend, der erste Tag, an dem ich das Apartment gemietet hatte. So, wieder zweimal was runter getragen, im Hof die totale Dämse, gleich eine Breitseite abbekommen, beim zweiten mal hoch, jedes Stockwerk Pause.

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Das Fahrrad muß noch mit!

 

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Los geht es. – Das mit den Selfies bekomme ich auch noch hin.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ach, sollte ich doch Pico anrufen? Aber der schläft bestimmt noch und, bis er kommt, bin ich fertig. Auch nichts mehr zu essen oben, und keinen Kaffee, keine Kannen, alles gefüllt schon im Auto, die Kühlakkus nun schon bestimmt 14 Stunden im Einsatz. Also, trinke Wasser, wie das liebe Vieh, auch so ein Satz meiner Mutter. Nachdem ich das zweite Mal oben war, was nun? bei der Atmosphäre draußen, kein Fahren. „Brettere über die Autobahn Deutschland und Polen, Sonnabend bei Nacht, leer von LKW etc., dann bist Du früh morgens in der Ukraine und kannst die ukrainische Strecke bei Tageslicht fahren, schont im Zweifel Reifen und Felgen und Thomas“ – sagte wer in mir. Ok, mir recht. Duschen und ab eine Runde geschlafen. – Ich wünschte, ich würde für Schlafen Geld bekommen, dann wäre ich Millionär.

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Die letzte Berliner Schrippe für Wochen.

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One more cup of coffee and I go… Nicht ins Valley, aber in die Ukraine.

Also dann wieder um 18.00 das letzte Mal runter laufen, aber noch ein bißchen was einkaufen und wenigstens eine Schrippe essen und einen Kaffee trinken. – Instagramer wissen mehr.

Aber ich hatte drei Briefumschläge, die weg mußten und keine Marken. Zwei DHL Shops: „Briefmarken sind alle“. Und der Automat bei der Post wechselt nicht und ich hab nur einen Zehner, was soll ich mit Briefmarken für 6 Euro jetzt…. Onkel Streif angerufen, war nicht bei Dir ein DHL Shop? Ja, Perleberger, sonst komm zu mir. Perleberger, direkt davor ein Parkplatz. 20.02 inzwischen. „Briefmarken, nein, tut mir Leid, wir schließen gerade.“ (Warum sagen die Leute in solchen Situationen eigentlich immer „Tut mir Leid“?. Def. ist es doch so, daß es Ihnen nicht Leid tut, sondern am Arm vorbeigeht.)

 

Also zu Streif, da lag sogar noch eine weitere Benzion Wittler LP für mich. Geht aber erst zum Putzen, bevor sie Andres bekommt. Streif kümmert sich, ich kann losfahren, vielen herzlichen Dank. Endlich. 20.30. Nur zwei Tage Verspätung – könnte mann meinen. Nun kam bei dieser Abfahrt allerhand zusammen und eigentlich sind es ja Monate. Aber, Ihr seht daran, mit mir ist nichts mehr zu machen mit Fliegen (bin ich sowieso zu fett dazu), oder Bus oder Bahn. Seit ich das erste mal nach Rußland fuhr vor …? Lilija hilf, wann war ich das erste Mal mit dem Auto in Rußland? Weihnachten 2005? Oder so was (Ja, so ungefähr, Lilija). Auf jeden Fall ein Winter. Damals ging es einfach nur um die Strecke und nicht fliegen. Heute ist das anders, heute ist es so, ich will weg, wenn ich soweit bin. Ich. Nicht ein Fahrplan, nicht zwei Stunden auf dem Flughafen sitzen und sauteures Wasser saufen, bestimmen. Sondern Ich. Geht ja auch, ich bin ja nur mir selbst verantwortlich. Im Prinzip, fast. Das knappste war 2012, da bin ich erst am 30. Dezember in Pieter angekommen. „Wenn der erst am 31. kommt, packe ich nicht mehr seine Geschenke ein“, O-Ton Katja. Klar, da mußte ich ja so gesehen pünktlich sein.

Nun ist es eben diesmal ein bißchen anders, Pico war im Krankenhaus, meine Zipperlein, die Hitze, die Firma, so kann mann immer noch was aufzählen. Der wichtigste Satz kam von Kiro: „Thomas, wenn Du jetzt nicht losfährst, fährst Du nie.“ Eigentlich geht es nicht, ich bin unzufrieden mit der Umstrukturierung, wir wollen finish Products machen, wir wollen … Irgendwas ist immer. Also, los jetzt! Aber ein bißchen die Dinge abschließen und nicht alles stehen und liegen lassen, muß ich doch. Der Preuße in mir. Lilija ist erst am elften August wieder weggeflogen. Da war die Zeit dann zu knapp für mich, um am dreizehnten loszufahren.

 

Wie schon geschrieben, es sollten drei Monate sein, gebucht sind aber nur zwei. Na ja, das paßt, macht etwas ruhiger für mich. Denn im November veranstaltet Salt & Pepper sein erstes Konzert, Henry de Winter in der Arminius Markthalle in Moabit 21, 13. November. 20-00 oder 21.00 Uhr, weiß ich noch nicht. Und wenn ich dann in Odessa bin, auch doof.

 

Also durch die Stadt durch, auf der Autobahn sind zwei Tunnel in beiden Richtungen in Reparatur und es staut sich immer. Über Adlergestell an der Eisern-Union-Tankstelle vorbei und auf die Autobahn. Man glaubt es kaum, ich bin an meinem Lieblingsschlafplatz vorbeigekommen ohne zu halten (Weil Lilija nicht dabei war, die da auch immer pennt?) und bis über die Neiße, ohne Pause, da in Polen aber gleich tanken. Bißchen teuer, direkt hinter der Grenze zu tanken, 50 Cent, aber lieber einen vollen Tank, als liegen bleiben. Nächster Tankhalt 50 KM vor der polnischen Grenze. Da aber ist es dann richtig billig, 1,79 Zloty für Gas, 44 Cent. Und zwischendurch wieder an meinem Lieblingsparkplatz gehalten, den mit den 16 Behindertenparkplätzen nebeneinander, vor dem Klohäuschen mit nur je einem weiblichen und männlichen Behindertenklo. Aber meine Kamera ist eine Bridge Kamera und kann nicht Weitwinkel, ich habe es nicht hinbekommen, den witzigen Eindruck, den das auf mich hat, festzuhalten. Aber vielleicht fährt mal wer mit, die eine solche Kamera hat? Ab zur Grenze, ausgerechnet vor mir ein doofer Deutscher mit seiner ukrainischen Angeheirateten, die fuhren wohl das erste Mal in Ihrem gemeinsamen Leben über eine Grenze. Geduld. Ja, habe ich ja, sind ja bloß ein paar Autos, und ich stehe in der Sonne, nu. Prophylaktisch hatte ich bei Ikea durchsichtige Boxen, mit Deckel gekauft. Und mit Verschlüßen, die immer abgehen. Sinn sollte sein, daß ich nicht alles auspacken muß, wenn die Zöllner was wollen, können sie ja rein sehen. (Klar, drei Packen Bier dabei und eine Flasche Feigling für den Notfall.)

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Ukraine

 

Die Penner, alles ging sauschnell, Polen, Ukrainer, 30 Minuten war ich durch. Keines Blickes sind meine Superkisten gewürdigt worden.

Auch gut. Bier und Schnaps behalten. Und durch. Es war inzwischen neun Uhr morgens. Die Sonne ballerte bereits.

Lilija hatte mir erzählt, es hieße, der Rechte Sektor habe angefangen auf der Strecke von der Grenze bis Kiew, Straßensperren/Kontrollen einzurichten. Ich habe es nicht gesehen. An der Grenze stand ein trauriger Soldat mit Sammelbüchse zur Unterstützung der ukrainischen Armee. Bis Lviv, Lemberg, sind ca. 70 Km, da war gar nichts. Außer neu gestrichenem blau-gelbem Alles-was-geht. Bushaltestellen, Absperrgitter, Brückengeländer. Und auch die Fahne, viel in Vorgärten, mehr als es mir im Frühjahr aufgefallen ist.

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Blau, Gelb, Blau, Gelb, Blau, Gelb, Blau, Gelb, Blau, Gelb, Blau, Gelb,

In Lemberg das mir inzwischen bekannte Verkehrschaos, ohne das würde mir was fehlen. Und dann? Ja wißt ihr, kennt ihr das? Ihr fahrt geradeaus, seht links eine Straße und denkt: Scheiße, da hätte ich lang gemußt? Und die Straße, in der Ihr fahrt, ist A vollgestopft B Einbahnstraße C vier Straßenbahnen und 15 Busse vor euch und D drängen aus allen anliegenden Straßen gleichzeitig alle Autos Lembergs genau vor euer Auto. Ok, Ihr kennt das. Nur fuhr ich auf der Außenseite der Altstadt, die komplett für den Verkehr gesperrt ist, nicht mal eben schnell dreimal rechts fahren und war wieder an der richtigen Stelle, was alle anderen natürlich auch wissen, nach 20 Minuten war ich einmal rum und konnte links abbiegen. Jetzt ging es darum, ob ich diesmal die Abfahrt nach Ternopil finden würde. Warum jetzt? Warum sollte es anders sein als sonst. Aber damit es weh tut: Die quasi Autobahn gesperrt auf einer Spur, und Ampelbetrieb, so einer, wie es den in Petersburg gibt: nicht automatisch, sondern ein Polizist drückt einen Knopf, wann ihm danach ist, in diesem Falle allerdings war ihm eher nicht danach. Weitere 20 min, bis unsere Seite dran war. Ich bin bei Rot als letzter rüber, mir war das so egal. Anhand der Straßenschilder sah ich dann, daß ich an der Ausfahrt mal wieder vorbei gefahren bin. Aber wenden geht ja in einer solchen Situation nicht, zumal nicht ich der letzte war, sondern geschlagene acht Minuten noch Autos bei Rot fuhren. Ich war auf einer Tankstelle in Sichtweite der andern Ampelanlage, sobald dort der erste fuhr, habe ich einen Le Mans Start hingelegt. Also wieder zurück und die Ausfahrt gefunden, nun konnte nichts mehr passieren. Aber wieder 40 Minuten verballert. Ist dann schon eine Stunde und es wurde immer wärmer. Alle anderen Wege gefunden, durch Ternopil durch, auch alles wieder gefunden. Und raus nach Khmelnytski. Da gab es ein paar sehr unangenehme Erinnerungen vom letzten mal. Strikt 40 auf dem Tacho, alle zwei Minuten: „Ist das Licht an?“, An allen Ampel bei Geld Vollbremsung. Alles gut und tatsächlich ich bin durch, habe nichts von der Polizei gesehen. Insgesamt waren zwischen Lemberg und Uman von mir gezählte 12 Kontrollen. In Polen hatte ich zweimal gehalten und geschlafen jetzt war ich nicht müde, auch nicht hungrig, obwohl ich weniger zu essen mit hatte als sonst, ist jede Menge übriggeblieben. Tomaten, Weintrauben, Gurken habe ich gegessen, leichtes Zeug, viel Wasser und Eisthee gesoffen wie ein Loch. Also weiter nach Vinnytsia. Durch die Sonne, alles ist Grün, leicht um Herz, endlich On The Road sein, sah die Welt anders aus als im Frühjahr, ganz hübsch überall, und all die Menschen, die festlich gekleidet zur Kirche laufen…. Olga hat gesagt rufe mich an, wenn Du eine Stunde vor Odessa bist. Wo soll das denn sein? Aber erst noch Vinnytsia und dann noch 220 Km bis nach Uman zur Autobahn nach Odessa (von da noch mal 260 KM). Aber wie spät abends kann ich Olga, meine Vermieterin noch anrufen?… ab nach Uman. Aber es war schon 19.30 Uhr, dann 20.00 und dann um 20.30/45 war es schlagartig dunkel. Und das dann auf einer beschissenen Strecke, mit inzwischen seit 17.00 Datschen-Rückverkehr und den ersten LKWs wieder unterwegs. Piep – Gas ist alle. Ich zu einer der WOC-Tankstelle. Wo ist hier das Gas? Wir haben kein Gas. Ich: kann nicht sein, da steht doch an der großen Reklamesäule Gaz LPG 8,98 UAH. Er guckt auf die Säule, als ob die eben jemand schnell hingestellt hat. Stimmt, steht da, haben wir aber nicht. (Ohne Kommentar). Schickt mich schräg gegenüber zu einer Nur-Gaz-Tanke. Aber bei der hätte ich auch bei Tageslicht nicht gehalten. Ich tanke nur an Markensäulen im sozialistischen Ausland, hat mir Lilija so beigebracht. Und in diesem finsternen Loch, nee. Also Benzin getankt, E 10 0,90 Cent. Teures Zeug. Und brumm weiter. Nach einer Ewigkeit dann Uman. An einer Tankstelle mit Gaz für 8,48 vorbei, Trottel. Rauf auf die Autobahn. Halt bei Socar, einer großen, neuen Kette, gutes Essen, viele Salate, alles extrem sauber, sodaß es weh tut. Rennt wie bei MacDoof immer einer rum und putzt. Aber Klos sind auch sehr gut. Herz, was willst Du mehr. Ja, Gaz gibt es. So, was nun, ich Trottel, gucke immer auf meine Autouhr. Statt aufs Telephon zu gucken, das mitdenkt. Ich bin doch jetzt eine Stunde früher in der Ukraine. Jetzt ist es also nicht 22 Uhr in Uman, sondern 23 Uhr. Ok, habe sowieso keine Lust mehr auf die weitere Fahrt in der Nacht. Schlafen und morgen Montag früh in Odessa sein. Was von der Landschaft sehen, bevor ich ankomme. SMS an Olga, alles Ok zur Antwort. Gut jetzt erst E-Mails etc. checken, hier gibt es starkes WiFi. Dann Futterpause. Dann schlafen. Dann Gaz tanken, Kaffee trinken und weiter fahren. So sieht ein Plan aus! Um 24 Uhr Kassenwechesel, das ganze System wird runter gefahren, mein Sandwich, das ein Wrap wurde, Salat – 20 Minuten warten. Aber die erste Pulle Kwas der Fahrt, mein ukrainischer Lieblingskwas. Bisher, heute Montag, drei neue Sorten gesehen, wird alles getestet. Parkplatz im Halbdunklen. Und Nickmann.

Stop, so schnell geht das nicht:
Exkurs: Thomas schläft im Auto
10/20 Minuten, vorne mit Brille und ohne Hörnchen.
30 Minuten bis Stunde, vorne ohne Brille, mit Hörnchen.
Stunde bis acht Stunden. hinten, in der dritten Reihe rechts, da kann ich meine Beine ausstrecken. Ohne Brille, ohne Schuhe, mit Hörnchen, aufgeknöpftem Hosengürtel, mit extra Kissen und Kuscheldecke (Im Winter eine Alumatte unter mir auf dem Sitz, damit die Kälte von unten nicht hoch kommt und es nicht zieht, da bleibt die Hose zu und ich habe den Mantel an. Im Golf war es einmal so kalt, minus 25 draußen, daß ich aufgewacht bin von der kalten Nase, bei laufenden Motor. Also Mütze bis an Kinn gezogen. Ja, Handschuhe habe ich dann sowieso auch an, Schal um, na, das volle Programm).

Das System hat sich bewährt, so schlafe ich zur falschen Zeit nicht zu lang und wenn es lang sein muß, nicht zu kurz.

– Bei laufenden Motor pennen habe ich in Russland gelernt, am Anfang habe ich als politisch korrekt Erzogener den Motor ausgemacht. Da ist die Nase dann sehr schnell sehr kalt. Und das Kreuz und die Beine und der Arm…

So und nun zu ganz oben, ich bräuchte ja nur planen und dann suche ich unterwegs Haltepunkte und penne im Hotel, mit Dusche abends und morgens und rieche dann nicht, wie ein Orang Utan, wenn ich in Petersburg ankomme und habe bestimmt besser geschlafen als im Auto. Man kann nicht alles haben hat meine Mutter gesagt, entweder nödeldödel losfahren, oder planen. Ich werde einen Zwischenweg finden bei der nächsten Fahrt. Es war ja gedacht einen Tag Berlin – Lemberg, pennen im Hotel, dann Lemberg – Odessa. Oder in Lemberg ankommen und zwei Tage bleiben, geht auch. Ist aller Druck weg und eine gute Pause. Im Prinzip muß das zu schaffen sein.

 

0.00 bis 3.45 geschlafen, aber Vorne, ohne B, mit H, aber ohne S. Weil doch der Sitz fehlt, da steht mein Fahrrad (Instagramer wissen mehr.)

Letzter Teil des Plans: Gaz und Kaffee: Gibt kein Gaz. Wie, gibt kein Gaz? Da ist die Säule. Ja, aber kaputt. Vor vier Stunden ging es noch. Ja, jetzt nicht. Und Benzin? Nein. – die Tankstelle ist so groß wie ein Fußballfeld und nix geht?- Ok, Kaffee kannst Du behalten. Rauf auf die Autobahn. In fünf KM Okko, neue Kette, ja, da steht eine GazSäule. Ich parke dran, kommt ein Typ – das würde jetzt zu weit führen, die verschiedenen Methoden des Gaz-Verkaufs von Deutschland bis Russland zu beschreiben, nur soviel in PL, UA, Lit, Let und Rus wird man bei GAZ auf jeden Fall bedient, man darf nicht selbst ran. Der Typ schlürft an, ich schraube den Einfüllstutzen dran. Ja, tät ihm Leid, Gaz ist kaputt. Ich, die wollen mich doch verscheißern. 3 KM weiter, die hätten Gaz. Also dahin, mein Benzin war inzwischen wieder auf Rot. OK, die Tankstelle war auch von der Sorte „Lieber nicht“. Aber was soll ich machen. Ich parke an dem Ding, nichts regt sich, Hup, kann ja mal vorkommen, daß man einen T 4 Langversion übersieht. Nichts. Ich gehe zum Kassenhaus. Der Typ guckt mich ab, ich entnervt: Gaz. Nee, gibt es jetzt nicht.

Tja klar, es war die Nachtwache, er war alleine und durfte sein Häuschen nicht verlassen. Benzin geht, weil man das allein machen kann, aber Gaz nicht. In Sichtweise die nächste Tankstelle. Kann man sich auf einer deutschen Autobahn gar nicht vorstellen, vier Tankstellen auf 10 Km.

Da habe ich dann meine Scheibe geputzt. Gaz hatten die eh nicht. Und es war auch sonst geschlossen.

Was nun? In der Regel ist es auf dieser Autobahn so, daß es immer zwei gegenüberliegende Tankstellen der gleichen Kette gibt. Und es ist so, daß man an den Tankstellen wenden kann und es dort auch einen Zebrastreifen gibt. Also, dachte ich, fährst Du zurück und wenn Du bis zur Ausfahrt der Autobahn in Uman mußt. Ich wollte ja schon immer mal auf der Autobahn wenden. Nur nicht im Stockdunkeln. Aber es ging. Es gibt dann eine Schleife, man fährt gerade bzw. für die andern Autofahrer quer rüber, kommt in die Schleife und ist dann wie in einer Ausfahrt vom Parkplatz. Sollte jeder mal gemacht haben.

Die Schwestertankstelle Okko hatte Gaz, 9.09, 10 Kopijok teurer, aber es sind ja trotzdem bloß 38 cent (10 Kopijok sind 0,0041 €).

 

Nun kommt wieder eine weitere Ausführung zur beliebten Serie der interkulturellen Kommunikation.

Russen tanken:

 

Das habe ich alles zum Abwinken und Abgenervtsein oft genug erlebt. Diese verdammte Betonkopfmentalität dabei ist das Schlimmste.

Also tankt der Russe, fährt er an eine Tankstelle, schraubt den Tank auf, steckt den Zapfhahn rein, stellt auf „scharf“, und dann… passiert nichts. Weil er erst zur Kasse gehen muß und sagen: 1000 Rubel, 20 L, etc. dann bezahlt er, und dann drückt die Mutti auf den Knopf, schaltet die Zapfsäule frei und der Kumpel dackelt wieder zu seinem Auto zurück, das inzwischen befüllt wird, nach 20 L schaltet sich das automatisch aus. Lilija und ich standen mal eine Weile an einer finnischen Tankstelle, da war der Mensch immer sehr nervös, wenn Russen tankten, die kommen in den Laden und sagen 20€, geben ihm das Geld und gehen wieder raus, und er jedesmal hinterher. Denn im „Westen“ hört der Zapfhahn ja nicht auf, und die Russen stört es nicht, wenn mehr raus kommt. Kommt ein Thomas in Russland zur Tankstelle. Sagt Full, bitte. Geht nicht, ist nicht vorgesehen. Auf „meiner“ Gaz-Tankstelle in SPB, z.B. kann ich mit Karte bezahlen, und bekomme „Full“, aber, warum auch immer, nicht mehr nach 21 Uhr. Da muß ich sagen, welche Menge ich will. So, nun denke ich, na gut, ist leer, macht 140 L. Aber mit dem Gas ist das anders als mit Benzin, es dehnt sich viel weiter aus, bzw. zieht sich mehr zusammen. Also passt nur 130 L. Habe ich 140 bezahlt, bekomme ich eine Gutschrift. Die das nächste mal verrechnet wird. Passiert ja nur immer am letzten Tag, wenn ich wieder nach Berlin will. Glaubt doch keiner, daß ich drei Monate später, beim nächsten Mal, noch was wiederbekomme, oder den Zettel überhaupt finde.

Zurück, ja, sie haben Gaz, aber ich muß erst bezahlen. Und nun auch wieder, was mich auf diesen Reisen immer am meisten aufregt, gar traurig macht, daß ich schreien könnte. Das sind die jungen Menschen, die an der Grenze stehen, oder in den Läden, doof wie Stulle, aber arrogant bis zur Decke, und nix, Englisch, Deutsch oder sonst was. Doofer Sozialismus pur. Ausnahme ist Polen, da ist mir das noch nie passiert.

 

Ich rein in den Laden, kein Kunde, fünf junge Menschen, die alle zur Kette gehören. Ich sage zu dem Mädchen, das sich aus der Gruppe löst auf Russisch: ich spreche kein Russisch und kein Ukrainisch. Gas, Full please, und reiche die Visa Karte. Full, schüttelt den Kopf und textet mich auf Ukrainisch zu, ich wieder blabla, aber ich spreche Deutsch oder Englisch. Und das ist es, sie sprechen das nicht. Blocken total ab, stellen auf Durchzug. Die jungen Menschen, nicht die alten, die vielleicht sogar aus der Schule noch ein paar Brocken deutsch können. Also Ergebnis, nach einer gefühlten Viertelstunde: „How much“ soll ich sagen oder wieviel Griwna.

Ich sage 100 Litere, Aber auf Russisch und Englisch und weil ich gute Laune habe, und denke, wie heißt der Film heute nochmal?, auch auf Deutsch. Ob sie das verstanden hat. Ja, Ok. Tipp, tipp, Karte zurück, laufe zum Auto, ist der schon fertig. Ich, kann nicht sein, 100 L Gaz sind 5/8 eher 10 Minuten, gucke auf die Zapfsäule. 100 Grwina hat sie eingegeben. (4€). Ich sauer wieder zurück. Der Typ schraubt alles wieder an. Inzwischen eine andere an der Kasse, die Älteste. So um die dreißig. Guckt mich erstaunt an, ich sage die hat nicht „sto“ L eingegeben, sondern „sto“ Griwna. Alles gröhlt, nur ich nicht. 100 L geht doch gar nicht, sagt die Ältere. Fragt mich ein Kunde neben mir auf Englisch, ob ich 100 L meine. Ja, meine ich. Ob ich so einen großen Tank hätte……

– Dazu, ich tankte einmal in Polen 145 L, ruft doch der Tankjunge alle zusammen von der Tankstelle und Kumpels die rum standen! Gab es noch nie, hatten sie noch nie erlebt, daß 145 L in den Tank passten!

Ein ganz entspannter Thomas erklärt: ja 100 L, und es sei ja immerhin sein Auto und er wisse schon was er täte. Der hat das übersetzt, die Mutter gibt die 100 L ein und endlich ist de Weiterfahrt gesichert.

 

Weil ich nachgucken mußte, wie die Untergruppe bei der Währung von Griwna heißt, nämlich Kopijok, habe ich dabei gelesen, daß das Geld schon zu Zeiten der Kiewer Rus Griwna hieß.

 

So, nun wieder in die richtige Richtung kommen. Na, wenden auf der Autobahn! Und ab geht es. Zweimal kurze Nickmanns a 10 min. Und um 7.30 war ich 150 Km vor Odessa.

 

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7:30 auf der Autobahn nach Odessa

 

 

Diese Autobahnfahrt ist sehr schön, die Autobahn ist quasi auf einem Kamm, nicht sehr hoch, 150 – 200 m vielleicht, aber doch so, daß man rechts und links weit ins Land sehen kann. War also für mich völlig richtig, erst in Uman zu schlafen. Und jetzt mit der frühen Sonne, und leerer Autobahn als Belohnung freue ich mich. So um fünf kam langsam die Sonne.

Es gibt riesige Felder, soweit das Auge reicht. Getreide und vor allem Sonnenblumen. Und Lilija liebt Sonnenblumen und nun ist sie gar nicht da. Tja, selbst Schuld eigene. Bei Fünf Billionen Sonnenblumen habe ich aufgehört zu zählen. Mehr als einmal habe ich einen Menschen am Rand der Autobahn stehen sehen, wohl wartend auf ein Auto, das ihn abholt. Aber so mitten in der Landschaft, Autobahn, Mensch, Feld. Keine Straße, kein Weg, nichts war zu sehen, wie sind die da hingekommen, die werden doch nicht vom Himmel gefallen sein. Wenn ihn jemand dort abgesetzt hat. Warum da? Das Auto muß ja auch geradeaus weiter, warum fährt der nicht weiter mit? Warum mitten auf der Strecke und nicht an einer Ausfahrt? Aber es gibt noch anderes: direkt an der Autobahn werden Melonenberge aufgebaut und verkauft, Wassermelonen und Honigmelonen. Die Honigmelonen leuchten nicht so schön gelb wie im Supermarkt und würden wohl höchstens B-Ware sein wegen ihres Aussehens. Aber auch auf dem Markt in Odessa sehen sie so aus. Und niemanden stört es. Die Menschen halten und kaufen Melonen, auf der Autobahn. Nicht etwa auf Parkplätzen oder an den Bushaltestellen. (Die übrigens auch ein Plumpsklo haben, zwei natürlich, Mann und Frau scheißen getrennt an der Autobahn.) Leider sind da Mülleimer und die haben die Angewohnheit, übervoll zu sein, und dann flattert das Zeug durch die Umgebung. Die Fußgänger und Radfahrer hatte ich schon erwähnt? Einen Trecker habe ich auch getroffen. Ihr lest schon, es war eine entspannte Fahrt, an diesem Morgen, das Ziel schon fast vor Augen. Kurz vor Odessa hatte ich wieder die Barrikade erwartet. Aber es gab sie nicht. Abgebaut, habe nicht mal Reste davon gesehen. Ist der Krieg hier vorbei. – Zwei Tage später werden Lilija und ich bei einem Spaziergang auf der Promenade eine Ausstellung sehen mit Photographien vom Krieg und einer Sammelaktion. Das werde ich noch extra photographieren. – Im Frühjahr bin ich ja sehr rumgeeiert bis ich mein Ziel erreichte. Diesmal saß schon alles, die Straßen waren im Kopf. Ich glaube, die Altstadt, das Schachbrett, habe ich im Kopf. Ohne Fehler zum Ziel: Eins rauf, mit Mappe und Frühstück (Mutter Birr).

Angekommen, geduscht und ab ins Bett für fünf Stunden. Vermieterin getroffen, das Auto ein wenig ausgeräumt, Geld gewechselt, etwas eingekauft. Und angefangen zu schreiben.

Das war der Tag, das war die Fahrt.

Morjens


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