Triest 2017 – Geburtstags-Artischocken

Tach,

Ach ja, manches Mal läuft alles gar nicht wie mann das möchte, wie mann geplant hat. Brecht singt in der Ballade von der Unzulänglichkeit menschlichen Lebens:
„Ja, mach nur einen Plan!
Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch’nen zweiten Plan,
Gehn tun sie beide nicht.“
So passiert in Triest.

Eigentlich, immer ein gutes Wort das „Eigentlich“, eigentlich also wollte ich Lilija zu/an ihrem Geburtstag Artischocken kochen, mit Majonäse und Weißbrot. Aber ach…

Eingekauft, Tage früher, an einem Stand in der Fußgängerzone, neben der Statue von Italo Svevo, glaube ich, lagen die vier im Kühlschrank und warteten auf Verspeisung. Dann haben wir aber an Lilijas Geburtstag den Ausflug nach Grado gemacht (da gar nichts gegessen) und kamen abends spät zurück. Lilija saß in Triest immer im Zimmer am Tisch mit ihrem Notebook und ich mit meinem in der Küche. (Aha, sagt Sherlock, daher weht der Wind) -Und hungrig wie wir waren, und schreiblustig wie ich war, wollten wir nun nicht 30 Minuten Artischocken-kochen abwarten. Ich jedenfalls nicht. Plan B hatte ich schon, der ging dann auch, im Gegensatz zu dem bei Brecht, Tortellini bis zum Abwinken mit Pesto und Käse. Immer gut, auch an Geburtstagen. Die Artischocken wurden „auf später“ verschoben.
– Zu meiner Entschuldigung möchte ich aber bemerken, daß ich meiner Gattin tags zuvor bereits einen großen Topf Risotto mit grünen Spargeln (was manche fälschlich als „jungen“ Spargel bezeichnen) und Kapern gekocht hatte. Genug, daß wir es auch noch einen Tag später essen konnten. Ich bin also nur halb schlimm.

Und die Artischocken, die zählen nun zu den viel Gereisten, in der Kühlbox von Triest nach Berlin, und wieder in den Kühlschrank. Langsam wurde es Zeit, ich habe es auch hier vor mir hergeschoben. Und gestern war es denn soweit. Allerdings wieder in Berlin, ist auch wieder Fastenzeit. In Trieste waren wir auf Reisen und dabei dürfen Ausnahmen gemacht werden. Also mußte ich mich nach einer veganen Majonäse umsehen. Das Hauptproblem dabei ist, daß mann natürlich nicht weiß, wie es schmeckt und bei den vaganen/vegetarischen Produkten das immer so eine Sache ist. Ich stehe wie ein Doofi vor dem Regal und denke, welche zur Hölle nehme ich nun. Ich habe mich für ein Glas entschieden, gegen Demeter Majo aus der Tube, sauteuer, wie immer, Beides.

Für mich war diese vegane Majonäse zu süß, 4,7g Zucker. Ich habe gleich noch Senf dazu getan.

Für Nachkocher, im Grunde ist es einfach:
Artischocken sind im Frühjahr und im Herbst am frischsten, unsere waren aus Italien. Bei Kaufen darauf achten, daß die Stiele möglichst lang sind, sie geben dem Kopf noch Nahrung, je länger, je besser und dann überstehen die Artischocken auch ein paar Tage im Kühlschrank. Die Stiele abbrechen oder abscheiden, den Stumpf mit Zitrone beträufeln. Ein paar Schichten der äußeren Blätter entfernen, da ist sowieso nichts drin. Dann in kochendes, leicht gesalzenes Wasser legen und 30 Minuten kochen lassen. Manche sagen, besser ist es im Sieb dampfen lassen, das habe ich aber nicht.
Als ich noch nichts von Artischocken wußte, so vor vierzig Jahren, hat meine Freundin Christiane gesagt: Machen wir. Aber Du hilfst. Wie mann lesen kann, ist eigentlich (da ist es wieder, das Wort) ja nicht viel zu tun. Aber denkste, Eiermann. Ich hatte die ehrenwürdige Aufgabe, uns eine Majonäse zu rühren, mit einer Gabel! Das etwa solange gedauert hat, wie das Kochen der Artischocken. Werde ich mein Lebtag nicht vergessen. Aber natürlich hat sie lecker geschmeckt.

Heute habe die Artischocken nacheinander gegessen, immer einzeln aus dem Topf geholt, damit sie nicht kalt werden. Ich empfehle die Artischocken kurz auf den Spültisch zu legen damit das Wasser ablaufen kann, auch ruhig auf den Kopf stellen, sonst wird der Teller ein Schwimmbad.
Für die Majo hatte ich in Italien schon Senf gekauft, der steht mit auf dem Tisch, und Zitrone. Im Grunde kann mann die Dinger mit allem dippen, wie mann mag, ich habe zusätzlich eine Orangengrillsoße probiert, das war allerdings nicht der Hit.
Nachdem Lilija wieder in Piter war, bekam ich dann einen der unendlichen russischen Tipps gereicht, der bei uns aber auch viele Anhänger hat, ich soll mehr Grünes essen, richtig Grünes, Spinat, Stangensellerie etc. mehr mit Chlorophyll essen. Wieder mal ein Superfood, wie das neudeutsch heißt. Mein Einwand ist dabei völlig ignoriert worden: „Ich bin schon Prinz und will nicht wieder Frosch werden.“

Also passt doch, Lilija hat ihre Geburtstagsartischocken ihrem Mann geopfert, damit der mehr Chlorophyll zu sich nimmt und sofort gesund ist.

Morjens

Alle Photos Thomas Birr,  ℗ & © 2017 Birr’s World.

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