Odessa II – Spezialnyj Tramvaj

Tach,

 Ich gehöre nicht zu den Menschen die sich verfolgt fühlen. Ich gehöre auch nicht zu den Menschen, die Verschwörungs theorien nachhängen. Im Gegenteil, die Amis mit ihrer Verschwörungsmacke gehen mir gehörig auf den Geist und das ist ein Grund, warum ich Frank nicht weiter zusehen muß im Fernsehen (House of Cards) oder meine geliebte Glenn Close in Damages – Im Netz der Macht (schwer dramatischer Zusatztitel in der deutschen Version) abschalte. Und wer Kennedy umgebracht hat, ist auch so was von egal, mir jedenfalls.

Aber….

Ich war an der Trasa Zdorovia, trete den Heimweg an und sehe einen Supermarkt, der ganz hübsch von außen war. Tatsächlich habe ich dort die bisher beste Milch bekommen, seitdem ich hier bin. Das ist an der Straße der Sanatorien. Der Einkauf ist fertig, ich schieb den Einkaufswagen zum Auto um umzupacken. Auf einmal dringt aus der Ferne „Don’t worry, be happy“ in meine Ohren, schon noch nie „mein“ Hit gewesen. Kommt jetzt aber in der absoluten Kackversion daher, die diese Horror-Band hier immer auf der Kolonnade spielt. Ich denke, was jetzt, werde ich verfolgt, soll ich psychologisch fertig gemacht werden. Hat das irgendein Idiot aufgenommen und nun dröhnt es aus seinem Auto? Kann doch nicht sein. Haben die mich unter Drogen gesetzt, spinne ich jetzt vollends?

Langsam kam es näher und wurde immer lauter.

Und was kam? Es kam ein schöner Straßenbahn-Sonderzug, nur ein Wagen. Offene Fenster, etwas auf nostalgisch getrimmt, die Leute guckten raus, ließen Ihre Arme im Fahrtwind baumeln, Kinder steckten ihre Köpfe raus. Die Bahn fuhr langsam, alles sehr relaxt. Nur im hinteren Theil des Wagens spielt meine persönliche Hassband, in voller Lautstärke ihr Repertoire. „Glaube ich jetzt nicht“ war alles, was mir dazu einfiel. „Don’t worry, be happy“ – schönen Dank auch, jetzt nicht mehr. Der Zug gondelte vorbei.

Gut, Band hin oder her, der mußte natürlich photographiert werden. Also ich hinterher, der erste Tag mit der neuen Kamera. Das Auto fuhr, die Bahn fuhr. Wo ist hier die „Sport“-Einstellung? Erst war der Zug rechts neben mir, da ging gar nichts, weil sich das auch auf recht schlechtem Kopfsteinpflaster abspielte. Zwei Hände am Lenkrad waren gefragt. Aber dann kreuzte die Bahn die Straße und fuhr in Richtung Arkadia und war nun links von mir. Da ging es dann besser. Der Zug hielt auch, wo keine Parkplätze sind, klar, und ich den Verkehr behinderte. Ein paar Aufnahmen sind trotzdem ganz gut geworden.

Mir fiel ein, daß ich mit Lilija in Mailand einen Straßenbahnzug der Sonderklasse gesehen habe. Das ist ein Restaurant! Mann schaukelt durch Mailand und speist. Tolle Idee, die auch angenommen wird, der Zug ist auf Monate im Voraus ausgebucht. Lilija hat im Sommer durch Petersburg mit der alten Iosif-Brodskij-Straßenbahn eine Art Stadtrundfahrt mitgemacht, mit einem bekannten Professor als Reiseführer. Und diese Idee hier in Odessa, so eine Art Kremser nur als Straßenbahn eben, auch toll – ab der Minute, wo die Band gewechselt wird, oder am besten gar keine spielt. Schade, daß die BVG, vermutlich der TÜV und meine Lieblingsgewerkschaft, dafür zu doof sind und so etwas von vornherein aussichtslos ist in Berlin. Mit der Straßenbahn nach Marzahn und dazu Currywurst und Grilletta!!!!! Absoluter Highlight.

Morjens

PS:

Die Linie 6 ist hier eine von mehreren Linien, die an den Strand fährt, wo gibt es das noch: mit der Straßenbahn ans Meer!

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Eine Antwort zu “Odessa II – Spezialnyj Tramvaj”

  1. Birr's World sagt:

    Auf dem Plakat an der Straßenbahn steht: „Hier ist es so toll, komm doch zu uns!“

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