Mein St. Petersburg – Rückfahrt Piter – Berlin Januar 2018
Tach,
Aus St Petersburg bin ich schon eine Weile zurück, seit dem 20. Januar. Ich bin immer zerrissen im Januar. Meine Mutter hat am 17. Januar Geburtstag, da möchte ich eigentlich ans Grab gehen, das heißt aber am 12./13. schon wieder in St Petersburg loszufahren, das wäre arg kurz, denn ich fahre ja zum Jahreswechsel immer erst nach dem 24./25. Dezember los, um mit den Kindern zusammen zu sein, wenigstens mit Pico. Auf der andren Seite ist am 19. ein wichtiger Feiertag: Jesu Taufe, dazu wäre ich dann gerne doch in St Petersburg. Nun, dieses Jahr war alles schief, Lilias Aufenthaltstitel lief ab und wir mußten am 20. Januar in Berlin sein.
Das Besondere an dieser Fahrt war, daß Lilija mitgekommen ist, sie mußte zur Ausländerbehörde, wir haben mal wieder einen unbefristeten Aufenthalt für sie beantragt. Also fuhr sie mit mir nach Berlin und flog zurück. Ein seltenes Ereignis. (Der Antrag wurde abgelehnt. Meine Rede: sie hätte mit einem Schlauchboot über die Ostsee kommen sollen, dann hätte sie schon den unbefristeten Aufenthalt in Gold mit Originalunterschriften von Merkel und Steinmeier).
Seit Sylvester habe ich die meiste Zeit flachgelegen in Piter. Es war also nicht viel los, und viel los ist dort sowieso nie, nun waren die Aktivitäten gegen Null. Wir haben meinen angeheirateten Neffen Dima besucht. Und bei der Gelegenheit habe ich ein schönes Kwas Auto geschenkt bekommen. Und natürlich haben wir die Eltern besucht, was mit einem Berg Blinis, für mich – wegen mir, belohnt wurde.
Dima, der einzige Neffe der zu mir Onkel Thomas sagt.
Wir haben uns mit Larissa Ivanova auf dem Witebsker Bahnhof getroffen. Larissa ist eine Straßenphotographin aus Piter, sie photographiert Menschen, einfach so. Leider war sie unzufrieden mit dem Ergebnis und hat nur wenige Photos freigegeben. Das Treffen soll wiederholt werden, an diesem rotten Place, wenn ich wieder in Petersburg bin. Ich lache mich immer scheckig, Larissa geht durch die Straße und photographiert Menschen, einfach so, ohne zu fragen. Niemand schlägt sie, schreit sie an, „was is‘ mit meine Rechte“ u. ä. Das Gegentheil, sie lernt so Menschen kennen, die sie auch zu sich einladen. In Deutschland würde sie vermutlich gesteinigt werden.
Die Photos von Larissa auf dem Witebsker Bahnhof in St Petersburg (Larissa Ivanova p&c 2018)
Hier wollen wir uns das nächste Mal treffen. Natürlich darf mann da nicht rein und es kommt dann auch sofort einer angelaufen. Aber ein bißchen reden, ein paar Scheine und es geht.
Ein bißchen sollte die Fahrt natürlich auch wie Reisen sein. Geschlafen haben wir eine Nacht im Mühlen-Hotel, in dem ich im September letzten Jahres schon war (schrecklicher Caffè). Aber wir haben auch etwas geplant. Im Sommer war ich in Kaunas und habe mir eine von zwei Seilbahnen, die es dort gibt, angesehen und bin natürlich auch damit gefahren. Lilija hat das zum Anlass genommen mir einen Adventskalender zu machen, jeden Tag ein Blatt, jeweils eine andere Seilbahn aus der ehemaligen Sowjetzone. Als E-Mail Adventskalender sozusagen. Dabei stellte sich heraus, daß ich mehr oder weniger schon immer an zwei andern Bahnen, ohne es zu wissen, vorbeigefahren bin. Also wollten wir uns diese Bahnen ansehen, als Pausenzwischenstops sozusagen. Guter Plan. Eine auf dem Weg in Lettland, in Sigulda, eine in Litauen, in Kaunas, eine weitere in Litauen, in der Nähe von Vilnius.
Trotz einer der üblichen Schikanen der Esten an der Grenze sind wir insgesamt ganz gut vorangekommen. Aber vorher, seit August 2017 habe ich entschieden, die Verabschiedung von Petersburg findet am Stadtrand statt, bei einem großen Teremok (angeblich wollen die nach Deutschland kommen – und überhaupt fängt heute die Butterwoche an). Bei Teremok wird ein letztes Mal Blini gegessen, dann geht es wirklich los. Das soll nun Tradition sein/werden.
Da tät ich jetzt gern sitzen und mich vollstopfen. Einfach lecker.
Lady in Gelb.
In Estland dann habe ich erstmal geschluckt, über Autogas-Preis, 60 Cent, teuer wie in Berlin. (EU ist wenn mann trotzdem zahlt.) Mein System ist so: ich tanke den Gastank in Petersburg voll und Benzin auch. Bis zur Grenze fahre ich nur Benzin und tanke dann in Russland nochmal Benzin voll, der Preis ist ca. 40 Cent für E 10. Nur Gas gibt es an den vielen Tankstellen vor der Grenze nicht, deswegen „spare“ ich das auf. Im „Westen“ fahre ich dann mit Gas. Das sollte reichen bis Kaunas. Dort gab es bisher auch günstige Preise, aber die sind nicht mehr, 58 Cent ist immer noch teuer. Gut ist 49-52 Cent.
Wir sind die Nacht durchgefahren und haben in Tartu Stop gemacht, an der Tankstelle, wo ich immer halte. PP und Veggie Taco und Schokolade getrunken. Nachdem wir an der Grenze zu Lettland geschlafen haben, länger als wir wollten, dann den nächsten Stop, in Valemeria. Dort gab es dann Frühstück. Alle Tankstellen, an denen ich halte, haben saubere, große Klos. Immer ganz wichtig unterwegs.
Nach dem Frühstück bin ich ein Stückchen mit Lilija durch den Ort gefahren, er gefällt mir gut, ihr auch, sie ist ausgestiegen und hat Photos gemacht.
Wir waren schon auf dem Weg nach Sigulda, da überkam mich mal wieder ein Garfield-Schlafanfall, wir sind ein Stück von der Hauptstraße abgebogen, in eine zehn Häuser Siedlung, damit ich 20 min lang ein Nickerchen machen kann. Genau, Lilija ist dieweil in der Kälte rumgelaufen und hat Photos gemacht.
Dann endlich die Seilbahn in Sigulda. Schon die Fahrt durch den verschneiten Wald, Berg rauf, Berg runter war zauberhaft. Kurz vorher haben wir noch einen kleinen Fluß im Thal überquert und dann ging es wieder den Berg hoch. Hoch ist es nicht, eine Mischung zwischen Harz und Holsteinische Schweiz, nur wilder. Aber überall gibt es Rad und Wanderwege. Wanderer gab es trotz Schnee und Kälte tatsächlich auch.
Zur Seilbahn und über das hübsche Städtchen Sigulda kommt ein extra Post. Wir haben hier Pause gemacht, Lilia ist zur Post gegangen und wir haben etwas gegessen. Von dort zum Hotel Mühle in Bauskas.
Was war zuerst da, die Tasche oder das Sofa?
Bei meiner Fahrt kreuze ich in Kaunas die Memel. Mann fährt über eine hohe Autobahnbrücke, tief unten die Memel, ein großer Fluß. Die Altstadt von Kaunas liegt an der Mündung des größten Nebenflusses der Memel, die/der Neris. Dann hapert es dann schon wieder mit der Übersetzung, die Memel ist bekannt als der Vater der litauischen Flüsse. Schon bei meiner ersten Fahrt mit Auto nach Russland war ich fasziniert hier über die Memel zu fahren. Die Memel war ja irgendwo, irgendetwas, auf jeden Fall weit weg. Nur durch das Deutschland-Lied kannte ich den Namen überhaupt, und nun fuhr ich ein Stück an der Memel lang und dann darüber weg. Ich fahre durch deutsche Geschichte, was ich auch an den Flüssen festmachen kann, die ich überquere. In Berlin und dann noch einmal etwas später auf der Autobahn nach Frankfurt/O die Spree, dann die Oder, je nach Fahrt auch in Landsberg die Warthe, dann kommt die Weichsel, und in Kaunas die Memel. Alles Flüsse, die ich mit der deutschen Geschichte verbinde.
Wir haben uns die Seilbahn angesehen, dort war ich schon im Sommer, aber Bericht und Film dazu gibt es wohl noch immer nicht. Diesmal bin ich auch „unten“ ausgestiegen. Gegenseitiges Photographieren von Lilitschka und mir. Und wieder zu wenig Zeit, es in Ruhe zu genießen.
Danach ging es dann, von Schlafpausen unterbrochen, direkt nach Berlin. Auch hier haben wir eine Tradition begründet, wenn wir früh genug ankommen, gibt es Pizza in der Trattoria Rathaus Piazza, am Rathaus Charlottenburg. Lilija bekam dieses Mal aber Spaghetti Carbonara. Als armes Russenkind kannte sie dieses lebenswichtige Essen nicht. Nicht anders zu erwarten hat es ihr geschmeckt. Dann wartet endlich das eigene Bett auf uns.
Morjens
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