Odessa I – Rückfahrt

Tach,

Das pappigste Brötchen trifft immer auf die härteste Butter.
Manfred Krug

Jetzt kommen doch tatsächlich Anfragen, ob und wie es weiter geht, wann der nächste Text kommt. Toll. Mancher meint, es sei ja jetzt vorbei und gratuliert. Nein, ganz und gar nicht nun beginnen die konkreten Vorbereitungen auf dieser Seite des Planeten. Listen was alles mit muß, für Wäsche, für Medikamente, für die Ohren, für die Augen (bewegt und unbewegt), ach was weiß ich alles, alle Computerkabel, etc.

Gestern hatte ich eine Erleuchtung, ich habe mir in der Metro zwei Aufbewarungsboxen gekauft, aus durchsichtigem Plastik. Damit wollte ich das Auto leer räumen, weil es heute in die Wäsche kam. Nachmittags war ich mit Picolino bei Ikea. Da tritt mich ein Pferd. Diese Art Boxen, nicht ganz so stabil aber sonst ok, für 2,99 und der Deckel 1 Euro, meine von der Metro 17,99!!!!

Die Idee ist, daß ich soviel wie möglich mit diesen Boxen transportiere, für den kleinen Preis geht das ja auch. Komme ich beim Zoll an, können die fein in die Boxen gucken und sehen von außen was drin ist. Wenn sie wollen, wenn sie nicht wollen ist sowieso alles egal. Und ich muß nicht alles aufreißen. Dazu dann nur die Koffer und Taschen mit Kleidung. In der Wohnung in Odessa habe ich einen Abstellschrank, in dem ich die leeren Boxen dann wegstellen kann. Ich finde mich ganz toll mit dieser Idee.

Aber der Hammer: Mittwoch war der Besuch von Vater und Sohn bei Ikea. Sohn 3 hatte tatsächlich einen Papier-Ausdruck mit dem was eingekauft werden sollte und in welchem Gang es liegt. Dann mußte nur noch ein Schuhregal ausgesucht werden, alles andere war vorher klar. Und dann der Hammer an der Kasse. Er hat alles selber bezahlt. Dong. In dreißig Jahren Vater-Sein hatte ich das noch gar nicht !!!!!!!! Trött!!!!!!

Hier nun die HeimFahrt aus Odessa nach Berlin, denn das „Schönste“ habe ich ja noch aufgehoben und wollte vorher nur schnell sagen, daß ich heil wieder zu Hause (zuhause Berlin, man kommt ja ganz durcheinander) angekommen bin.

Thomas allein ……… unterwegs.

Nachdem ich mich denn nun endlich getrennt hatte, von meiner vorläufigen und zukünftigen Bleibe in Odessa, war Olga sich nicht sicher und hat dreimal gefragt, ob ich nicht doch verlängere, Lefty und Karl-Heinz, die Hunde auf dem Hof, schielten, ob noch etwas kommt, nein es bleibt dabei, jetzt geht es los, und nein, es kommt nix. Das nächste Mal dann Leckerlie von Aldi für die beiden.

Typisch Thomas, lockerer Blick auf die Karte und Schwub irgendwo wieder vorbeigefahren. Tatsächlich hatte ich es doch geschafft um 12.00 vom Hof zu kommen. Ich wollte bei soviel Tageslicht wie möglich die Strecke nach Lemberg fahren. Schon um all die Abzweigungen zu sehen, an denen ich sonst des nächtens immer vorbei schruppe.
Na gut, eine letzte zweistündliche Stadtrundfahrt und dann hatte ich das Loch, an dem es raus geht, endlich gefunden. Ich war auf der 06 M. Das ist die Strecke Odessa – Kiew, sehr autobahnähnlich. Die andren M-Routen im Land sind eher breite Landstraßen. Die Barriere durch die ich auf der Hinfahrt mußte, war weitestgehendst abgebaut, aber es gab noch Soldaten und andere Menschen, die Autos fuhren sehr langsam an dieser Stelle.
Autobahnähnlich?? Ja, das ist nun für einen „Normaleuropäer“ doch ein wenig weit hergeholt. Wiewohl ich es schon durch meine Reisen im Baltikum gewohnt war, kannte.
Erst einmal fahren normale Linienautobusse auf der Autobahn und haben dort natürlich auch Haltestellen. Und wie kommt ein Fußgänger auf die andere Seite der „Autobahn“, wenn er muß? Was: Fußgängerbrücke? Na hört mal, wer soll das bezahlen, da wird dann eben ein Zebrastreifen auf die Autobahn gepinselt und fertig. – Dazu fällt mir ein, daß ja auf der Berliner Stadtautobahn auch mal Busse fuhren, die Haltestellen gibt es auch noch. Und noch vorher fuhr mein Bruder von Schöneberg aus mit mir zum Strandbad Wannsee. Entweder mit der Stacheldrahtrutsche oder mit dem Bus. Das waren noch die alten Busse, die hatten einen Schutz: fuhr der Fahrer zu schnell, dann klingelte der Bus, so wie eine Sturmklingel beim Fahrrad. Wenn wir also von Funkturm mit dem Bus über die Avus fuhren, bimmelte es bis Wannsee ununterbrochen, als Kind fand ich das sehr hübsch. –

Weiter auf der ukrainischen Autobahn. Dort kommt schon mal von rechts ein Feldweg, der eine Asphaltauffahrt hat und dann auf der andren Seite sein Pendant dazu. Sprich: es kreuzt auch schon mal landwirtschaftlicher Verkehr die Autobahn. Sehr interessant und auch im Baltikum sehr beliebt: es kommt eine Abfahrt, nach rechts kein Problem, und wer nun nach links muß? In Deutschland baut man dazu Brücken oder Tunnel oder was anderes Schickes. Aber auch das kostet Geld und so kompliziert muß es nicht sein. Ca. 500 M nach der rechten Abfahrt, kommt dann links eine dritte Spur, zum Wenden. Und die ist, wegen der LKW nehme ich an, auch großzügig gebaut, zu scharf darf man nicht fahren, sondern man kreuzt erst die zwei gegenüberliegenden Spuren und dann gibt es eine „Beule“, eine Schleife, Kehre wie S-Kurve der AVUS. Erst dort steuert man links und ordnet sich wieder in den Verkehr ein als käme von einem Parkülatz und dann kommt rechts schon die (linke) Ausfahrt. Das gilt natürlich für beide Seiten. (Der ADAC kriegt einen Herzkasper, wenn er das liest – zu dem Thema ukrainische Autobahn und ADAC kommt dann später noch was.)
Aber anders als in Lettland z.B., geht hier die Autobahn nicht durch Dörfer, wo sie dann kurz „Hauptstraße“ ist und alles kreuz und quer über die Fahrbahn fährt oder läuft. Das nun nicht.
Ich bin also recht zügig voran gekommen und die Polizei stand auch nur auf LKW Parkplätzen und war mit denen beschäftigt. Ich war flott in Uman. Von hier geht die Sechs weiter geradeaus nach Kiew und ich muß aber nach links.Ich habe ab hier den Osten im Rücken die ganze Zeit und fahre über Lemberg/Liviv nach Polen. Nun gilt es wieder etwas zu beachten, ich habe nur eine grobe Karte, und denke, hoffe, der Hauptverkehr wird schon meine Richtung haben, gib Gas und fahr hinterher.
Man könnte natürlich auch Straßenschilder/Hinweistafeln aufstellen, oder kleine Schildchen, wo die jeweiligen Nummern der Straßen draufstehen, so wie es bei uns (Deutschen) mit den Bundesstraßen ist. Tja, aber selbst in dem von mir wegen seinen schönen neuen Straßen, guten Hinweisschildern so geliebten Polen schaffen sie das auch nicht immer. Und wenn eins stimmt, dann das: immer wenn Du ein Schild brauchst, ist keins da.
Mich traf also der Schlag, als auf der Hauptstraße von Uman an vier Straßenecken hintereinander ein Hinweißschild nach meinem nächsten Etappenziel, Vinnytsia, war. Dann ein Pfeil nach links, dann noch mal vier Schilder und dann…… Schluß. Mann kann nicht alles haben, hat meine Mutter schon immer gesagt. Aber die Straße ging mehr oder weniger geradeaus, dann wird es schon stimmen, ich schwimme an einer Ecke mit dem Verkehr nach links und lande an einem großen Kreisverkehr. Ohne Schilder jeglicher Art. Kleinliche Geister könnten natürlich sagen, diese acht Schilder hätte man gut durch die ganze Stadt gestreckt werden können, naja, vielleicht wollte der Typ, der sie aufgestellt hat, schnell nach Hause und hat sie deswegen alle hintereinander platziert. Man wees es nicht. Also, ich einen jungen Taxifahrer gefragt (in der Hoffnung, er spricht Englisch, hat er aber nicht). Arm nach links ausgestreckt: Vinnytsia? Nee, da geht es nach Kiew. Ich war skeptisch, nach Kiew geht es hier ja immer und überall.(Wie es in Polen in jedem Dorf immer überall nach Warschau geht) Ich soll zurückfahren, wie weit, geradeaus, geradeaus, 5 Km. Ich wieder zurück. Dann sehe ich aber im Rückspiegel die Schilder wieder und denke, kann doch nicht wahr sein, hätte einen Alten fragen sollen (kein Scherz, diese Richtung, wie die Gegenrichtung waren natürlich mit Kiew ausgeschildert). Also wenden, zurück und diesmal nicht mit dem Verkehr links, sondern alleine nach rechts und schupp war ich draußen aus Uman und auf dem richtigen Weg. Vinnytsia, da war es dann ähnlich, nur daß es ein Macdoof gab und ich dort mit meinem Tablett den Stadtplan aufrufen wollte, um durchzukommen. Aber 23.30 Uhr, „Technische Überprüfung“, 30 Min. Solange ruht der Verkauf und es gibt auch kein  Internet, jeden Tag. Also zweimal die Stadt rauf und runter und dann eben auch an der Stelle rechts statt links und schon ging es.
Bei der Abfahrt in Odessa, auf der Autobahn, hatte ich wieder angefangen mir die Hauffschen Märchen vorlesen zu lassen und war inzwischen in der ersten Abteilung vom „Kalten Herz“, als ich von außen irgendein wiederkehrendes Geräusch hörte. Wie es meine Art ist, habe ich es erst einmal ignoriert, (Frei nach Morgenstern: es kann nicht sein, was nicht sein darf (Ein Palmström Lehrsatz)) dann dachte ich, ach der Straßenuntergrund hat sich geändert, deswegen ist der Sound so anders, nur es hört nicht auf. Hörbuch aus, Scheibe rechts runter. Zweifellos ein Geräusch vom Reifen, aber das Auto hielt die Spur. Was soll da sein. Dann kam links eine Tankstelle und ich rauf. Ausgestiegen, im Grund wissen wir alle, was kommt, genau, ein Platter, aber nicht so schlimm, sah eher nach Luftverlust aus, ich konnte aber nichts sehen, weil es so duster war, ca. 2.00 Uhr nachts. Also suche ich in meinem VW Standartwerkzeug nach einem Schlüssel für Reifenmuttern, ich habe nur einen Falschen, der ist zu groß. Die Schrauben waren einfach nur fest und hatten gar keine Lust sich zu bewegen, ich den Schlüssel ran und mich draufgestellt, gewippt, flutsch war der Schlüssel wieder abgerutscht, x-mal probiert, dann dachte ich, fragst Du an der Tanke, vielleicht haben die was, kann doch einen andren kaufen. Auf der Tankstelle war nur die Nachtbesetzung, eine Kassiererin saß hinter einer kleinen Öffnung fürs Geld. Die schnarchte vor sich hin, als ich sie wach hatte, ne, sie hat keinen Schlüssel. Da kam ein Lada auf die Tankstelle, ich frage den Mann, der ruft seinen Sohn: Maxim. Maxim hört nicht, Maxim hat Kopfhörer auf. Der Alte tritt gegen das Auto, alles wackelt, Maxim (16?) kommt raus, er soll mir helfen. Maxim kommt, probiert meinen Schlüssel, dreimal, rutscht genauso ab wie ich, geht zum Kofferraum des Ladas. Vater: was machst Du da? Suche einen Schlüssel. Der schafft dann tatsächlich vier von fünf Muttern. Aber die fünfte rührt sich nicht. Der Vater kommt, guckt, schickt seinen Sohn los ein Rohr zu holen, sie setzen es an, als Hebel und….. nix is‘. Der Alte zuckt die Schultern, ich fragte ihn in welcher Richtung ein Aftoremont ist: ich muß zurück fahren. Und er fährt davon.

  • Kleiner Einschub: meine ersten russischen Vokabeln.
    1. Ctop – einfach
    2. ремонт: etwas was wir nicht mehr haben, Reparatur. Aber nicht einfach irgendwas, sondern alles. Ich war mit Lilia in mehreren großen solcher Läden, da sitzen Menschen hinter Schaltern, ich weiß nicht, was dran steht, aber der eine macht Uhren, oder Schmuckketten, der andere Mobiltelephone, der dritte, wie in meinem Fall damals, einen neuen Griff an den Koffer. Das habe ich schnell verstanden, wir werfen es weg, dort wird erstmal geguckt, ob man es nicht doch noch reparieren kann. Motto: ist doch zu schade um… . Toll, jawohl, nicht wie bei uns, das Ding hat vierzig €, gekostet bringe ich es weg, lachen sie mich aus, das Ersatzteil ist teurer, als das ganze Ding. Fazit: Wir sollen wegwerfen. (Bis gestern, jetzt gibt es doch tatsächlich ein Gesetzt, daß sagt wir dürfen Elektroschrott in Läden bringen und die müssen es, egal wo gekauft, egal ob Rechnung oder nicht, zurücknehmen, bei Kleingeräten bis 25 cm Seitenlänge. Sie müssen den alten Fernseher, Geschirrspüler etc. zurück nehmen wenn man einen Neuen kauft. Sinn vons ganze ist Metall zu sammeln, seltene Erden und dann ähnliches, Sekundärrohstoff hieß es im Osten.
    Jedenfalls guckt es sich ein Mensch hinter einem Schalter an, (es gibt immer Schalter, das macht es offiziell) schätzt, was es ist, wie lange es dauert, was es kosten könnte, nennt einen Preis. Ist er sich unsicher, ruft er einen der wirklichen Reparateure, die gucken dann und sagen etwas dazu. Könnte ohne Problem einem Kafka Roman entspringen, das hin- und herennen von Schalter zu Schalter. Schalter, einer davor, einer dahinter, das ist schon das halbe Russland. Remont ist ein Wort, das überall in jeder Stadt zu sehen ist an allen Ecken. Bastler bekommen ihr Recht.
    3. салон – Salon, Schönheitssalon. Das Wort Salon ist auch überall zu lesen. Bekanntlich kann ich ja schlecht gucken, und dann viellicht nicht so klare Schrifttype…. Jedenfalls habe ich mich am Anfang gewundert, warum hier überall Canon ist. Bis mich Lilia aufgeklärt hat. Darüber habe ich mir dieses Wort gemerkt.

An allen Ausfahrten der Städte sind Autoreperatur-Werkstätten, Reifendienste. (Als wir noch in St Pertersburg im Kulturprospekt wohnten, gab es auf der Strecke nach Hause eine längere Strecke, eine stark zerschrottete Straße, gekürt von zwei Straßenbahnlinien. Die Schienen der Straßenbahn sind im Allgemeinen in Petersburg so ausgewaschen, daß sie höher stehen als der Asphalt. An dieser Einbahnstraße gab es rechts vier Reifendienste und links fünf, Kaffee umsonst. Ganz egal, wann wir da vorbeigefahren sind, es war immer Betrieb, immer hatte gerade jemand einen Reifen zerschossen. Morgens, Mittags, nachts um 3.00, einfach immer. Inzwischen ist da nicht mehr so viel los, die Straße ist gemacht (remont) worden.
Deswegen fragte ich den Alten nach einem Auto-Remont, denn ich weiß, ich muß nicht in die Stadt reinfahren und suchen an jeder Stadtausfahrt sind solche Reparaturbetriebe, Tag und Nacht geöffnet. Ich fahre also zur nächsten Stadt zurück. Nur das ich den Reifen unterschätzt hatte, soviel zu halten hatte der nicht mehr vor. Ich wollte noch um die nächste Ecke, aber alles dunkel, keine Werkstatt. Also was tut dann der Deutsche, ja, er ruft den ADAC an, ich fuhr langsam weiter und hatte dann einen menschen in München am Telephon, gefragt ob sie jemanden in der Ukraine haben – gibt es. Langsam ging es mit dem Reifen zu Ende und ich war auf der Felge, der Reifen wurde weniger, die Felge lauter. Dem Typ wurde ganz schlecht bei dem Geräusch.
Wo ich bin, zwischen Ternopil und …. kann ich nicht aussprechen (Khmel’nyts’hyy), aber auf der 06 M, Ternopil im Rücken, stehe Richtung Osten und ca 20 KM vor der nächsten Stadt, die ich aber nicht aussprechen kann. Das sind ja 100 KM Unterschied, da kann er keinen rausschicken, ich sei doch auf der Autobahn, da sind bestimmt KM Steine, ich bin vor Lachen fast aus dem Auto gefallen, habe ihm erstmal die Straße, die er Autobahn nennt, beschrieben, das es hier nicht alle 50 M einen Pfosten gibt. Und dann dazu gesetzt, daß die Ukraine flächenmäßig das größte Land Europas sei. Da seien die Abstände zwischen den Städten, doch etwas anders, als bei uns. Ok, er schickt ein Fax an die Ukrainer, ich sage noch, bitte schreiben sie rein, ich nix Russisch, nix Ukrainsch, ich Deutsch oder Englisch. Wie lange das dauert bis jemand kommt, ob er Erfahrungen hat. Es sollte nicht länger als 90 min dauern, dazu seien alle Partner des ADAC angehalten, und dann wieder: das sei ja auch eine Autobahn, da müssten sie in 90 Minuten da sein. Dein Wort in Gottesgehörgang, wie meine Mutter immer sagte. Das war um 3.00. Um 4.00 rufen die Ukrainer an. Und eine Frau labbert mich auf Russisch zu. Ja ne govarju parusski e paukrainski. Ich spreche weder Russisch noch Ukrainisch. Der Satz, den ich am besten auf Russisch kann. So flott, daß ein russischer Polizist zu mir mal sagte: Du sprichst. Sie stieg dann auf Russen-englisch um.

Was ist kaputt, habe ich einen Ersatzreifen, können Sie einen mitbringen und verkaufen, warum mache ich es nicht selbst? man wiederholt ja gerne… Ja von mir aus kaufe ich einen neuen Reifen, mir egal.
Das könnte dauern, so fünf Stunden. Die Höflichkeit eines Callcenters: ob ich warten will? !!!!
Sechs Uhr Anruf: ob ich noch da bin. Ich: wo soll ich denn hin sein? Dann alle Fragen von vorn, aber diesmal auch der Kilometerstand des Autos. Ob ich das nicht alleine machen kann. Es war schon sehr zu merken, wie albern Sie das alles fand. Ein erwachsener Mann wechselt seinen Reifen nicht selbst.
Zuversichtlich: zwei Stunden dauert es noch. ich hatte es mir in meiner Schlafstelle auf der hintern Bank gemütlich gemacht, und pennte wieder weg. Der Bus stand an einer Straßenmündung, rechts ging es zum nächsten Dorf, zwei KM. Auf der anderen Straßenseite auch eine Straße und auch 2 KM, aber versetzt sodaß es nicht eine richtige Kreuzung ist. So gegen 5.30 kommen die ersten Menschen angelaufen und warten auf den Bus in Richtung unaussprechliche Stadt. Alle 20 Minuten, halbe Stunde ein Bus. Ab jetzt trudeln immer mehr Leute ein, fünf/sechs stehen an der Bushaltestelle. Manche steigen in ankommende Autos ein.
Alle zwei Stunden meldete sich die ukrainische Dame, es dauert noch. Am Anfang hatte ich Besuch. Ein Begleiter, moralische Unterstützung. Wie kann es anders sein, von einer Katze, einer rothaarigen Katze. Sie erzählt mir langatmige Geschichten. Sind Katzen gerade rollig? Mir kam es so vor. Nach vier Stunden wechselte sie auf die andere Straßenseite und verschwindet im Gebüsch.
Ich schlafe mal wieder, dann um zehn der Anruf, in zehn Minuten ist der Fahrer da. Nach den zehn Minuten laufe ich rum, gehe auf die andere Straßenseite, weg vom Auto, der Fahrer soll angelockt werden, um elf der Anruf der Fahrer findet mich nicht, den einzigen VW Bus am Straßenrand im Umkreis von gefühlten 1000 km. Ob ich jemanden sehe, klar sehe ich jemanden. Ich gehe zu einem älteren Herrn, halte ihm mein Telephon ans Ohr. Er guckt etwas erstaunt, dann versteht er, und erklärt der Frau wo ich bin. Der Fahrer ist bei einer anderen Stadt, 130 Km entfernt. Bedeutet in der Ukraine zwei Stunden. Sie ruft ihn, dann mich, sagt sie. Ich sitze wieder im Bus, diesmal vorne. Es ist ein sonniger Tag, vorne ihm Auto heizt die Sonne, ich schlafe ein. Ich wache auf weil jemand an die Scheibe klopft. Nun geht alles ganz schnell, dieser jemand ist nicht von dem Service, sonder von der weitestgehenden unbekannten „Internationalen VW BUS Solidarität“. Habe ich ein Problem, kann er helfen? – So schön das ist, der erste Gedanke, will der mir einen überziehen? Es gibt umgekehrt Geschichten von gestellten Unfällen, um diejenigen die halten zu überfallen. Deswegen halten die meisten nicht an. – Aber er will wirklich helfen. Holt sein Werkzeug, nichts passiert. Ich halte das Kreuz, er steigt drauf, die Mutter bewegt sich keinen Millimeter. Ich merke das er sauer wird, nicht auf mich, sondern auf das Rad. Er hat einen Klotz im Auto als Unterlage zum Holzhacken. Ich halte, er haut mit dem Klotz auf das Kreuz, nichts und wieder nichts.
Er hält ein weiters Auto an, auch ein VW Bus. Dieser Fahrer probiert es auch: nichts. Jetzt werden sie beide richtig wütend und irgendwann klappt es dann, fünf Minuten später ist der Ersatzreifen dran, ich darf es nicht machen, ihre Ehresache.
Der alte Reifen hat sich um die Felge gewickelt und dabei ein Kabel zerrissen, ich soll in eine Werkstatt fahren, ist wichtig. Veronika wird meckern, mir war die Rettung 50 Wert, beide haben auch etwas gezuckt, weil es in der Ukraine viel Geld ist. Zurück zur Stadt. Wie gedacht, gleich am Anfang eine Honda Vertragswerkstatt. Ich klopfe an das Werkstattfenster,  ja sie können das machen, klar auch gleich, Arbeitszeit ca.  20 Minuten. Ich habe mich auf „20 € auf die Hand“ eingestellt. Aber nein, es kommt anders, ich muß einen offiziellen Auftrag machen. Ich werde Kunde, alle Menschen und Autodaten angelegt. Ich soll im Warteraum Platz nehmen, Kaffee und Wlan sind umsonst. Es dauert dann doch eine halbe Stunde bis sie Zeit haben sich darum zu kümmern. Die versprochenen 20 Minuten später bekomme ich dann die Rechnung in Griwna. 70 Griwna (2,60 €), das ergibt einen Stundenlohn von 7,50 in einer Vertragswerkstatt! Von dieser Sorte muß ich mir auch eine gute in Odessa suchen, in Petersburg haben wir eine, die nehmen 12 € die Stunde, geht ja gerade noch so. (Für die Nicht-Autofahrer VW/Audi nehmen in Deutschland 90 €, mein „Schrauber“ nimmt 50 €, was dann ja schon „günstig“ ist.) Während ich bezahle klingelt das Telephon. Zehn Stunden nach meinem ersten Anruf sagt die mir so bekannte Stimme: Es dauert jetzt nicht mehr lange, ich bedanke mich und sage „it’s fixed“ und lege auf.

Nun geht es, bei Tageslicht, wieder weiter in Richtung Liviv (Lemberg).

 

Morjens

 


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